Umtriebig

Fono Forum, Juni 2010, S. 81

Im achten Band von Alphas Gesamtaufnahme der Klavier- und Kammermusik Schumanns ist Éric Le Sage wieder allein im Haus des Jubilars. Dass er dort wirklich „zu Hause“ ist, würde ich auch nach Anhören des neuen Doppelalbums nicht ohne Vorbehalt sagen. Gleich das eröffnende h-Moll-Allegro op. 8 klingt zwar rastlos umtriebig, kommt aber über flache, wenn auch gekonnt gefingerte Notendarstellung nicht hinaus. Und auch im weiteren Verlauf des „kennerischen“ Programms, das außer „Faschingsschwank aus Wien“ überwiegend wenig Bekanntes aus Schumanns Früh- und Spätzeit koppelt, ändert sich an diesem Eindruck wenig. Von echten, die Möglichkeiten tonlicher und dynamischer Differenzierung bewusst und entschlossen ausreizenden Interpretationen ist allenfalls etwas zu spüren in den beiden frühen Heften opp. 3 und 10, Schumanns Klavierarrangements von Paganini-Capricen (denen Liszts genialisch neuartige Parallel-Arbeiten ja bis heute den beinahe totalen Repertoire-Garaus beschert haben).

Von diesen zwölf Bearbeitungen, die manuell oft unterschätzt werden, hat Le Sage sich offenbar stärker gefordert gefühlt. Sein Spiel wirkt hier deutlich konzentrierter und genauer. Man ist dankbar, dass er zum Beispiel in der wogenden Moll-Einleitung der ersten Caprice die eingezeichneten Decrescendi der Wellenabschwünge gebührend ausspielt. Dass Schumann dann allerdings in der Dur-Wiederholung zum Abschluss dieses Stücks nachdrücklich eine umgekehrte Dynamik fordert, lässt le Sage schon wieder unrealisiert.

Hervorzuheben die kunstgeschichtlich attraktive Aufmachung des Albums.

Ingo Harden

Schumann, Klavierwerke Vol 8; Éric Le Sage (2009); Alpha/Note 1
2 CD 3760014191541 (114’)