Schumannwettbewerb

Freie Presse – Zwickau, 16. Juni 2008
Von Torsten Kohlschein

Zwei Damen triumphieren in Roberts Namen
Deutsche Sopranistin und japanische Pianistin siegen beim 15. Internationalen Robert-Schumann-Wettbewerb für Klavier und Gesang

Sopranistin Anne-Theresa Albrecht (l.) und Pianistin Mizuka Kano errangen die 1. Preise des Internationalen Schumann-Wettbewerbs. Unter den männlichen Sängern wurde kein 1. Preis vergeben.
Foto: Andreas Wohland


Zwickau.
Wie sich das Publikum doch täuschen kann. Am Samstag gegen 20.15 Uhr schien im Konzert- und Ballhaus "Neue Welt" eigentlich alles klar zu sein. Am zweiten Abend der Endprüfung des 15. Internationalen Robert-Schumann-Wettbewerbs im Fach Klavier waren die Schlussakkorde von Schumanns Klavierkonzert a-moll op. 54 zum zweiten Mal verklungen, und das Publikum tobte. Es feierte den gerade 19-jährigen Da Sol Kim aus Korea, der eben eine furiose, leidenschaftliche Interpretation des 1845 in Leipzig uraufgeführten Werks geliefert hatte, die sowohl die rund 250 Zuhörer, als auch das Orchester des Theaters Plauen-Zwickau in seinen Bann zog.

Extra zum Zuhören Urlaub genommen

"Ich konnte am Schluss gar nichts mehr denken", zeigte sich die Zwickauerin Elke Franke von dem Spiel des jungen Asiaten sichtlich fasziniert - wie zuvor und danach von seinen fünf Konkurrentinnen, vier davon aus Japan, eine aus Russland.

Die Altentherapeutin hatte extra während des Wettbewerbs Urlaub genommen und sich in den vergangenen zehn Tagen sämtliche Gesangsprüfungen im Gewandhaustheater und später in der "Neuen Welt" sowie zusätzlich die Endprüfungen im Fach Klavier angehört.

Und selbst Generalmusikdirektor Georg Christoph Sandmann war von dem Spiel des jungen Mannes so beeindruckt, dass er sich zu der Prognose hinreißen ließ, die Jury werde Kim wohl den ersten Preis im Fach Klavier zuerkennen.
Dem war dann doch nicht so: "Sein Auftritt hatte sehr viel mit Klavierspiel zu tun, aber nicht so sehr viel mit Robert Schumann", äußerte sich Jurychef Klaus Hellwig am Sonntagvormittag zum Votum der elf Preisrichter, Kim nur den 3. Preis zuzuerkennen. Der 1. Preis ging an die 29-jährige Japanerin Mizuka Kano und mithin zum dritten Mal in Folge ins Land der aufgehenden Sonne. Den 2. Preis erhielt Kanos 28-jährige Landsmännin Akiko Nikami.

Wer sich am Freitag- und Samstagabend alle sechs Finalisten des Klavierwettbewerbs und mithin sechsmal Schumanns Klavierkonzert angehört hatte, stellte fest: Es gibt tatsächlich Unterschiede, dieses Werk zu interpretieren - im Spannungsfeld zwischen beseeltem und technisch perfektem Spiel, Leidenschaft, Zurückhaltung, Kraft, Sensibilität sind viele Wege gangbar, jeder, und das war schon bei den Eingangsakkorden zu hören, nahm einen anderen. Ein Eindruck den Juror Michael Struck bestätigt: "Allein, dass der selbe Konzertflügel unter den Händen von 41 Pianisten 41 verschiedene Klangfarben annimmt, ist physikalisch eigentlich nicht zu erklären. Aber es ist so."

Wobei Selbstwahrnehmung der Spieler und Juryurteil nichts mit einander zu tun haben müssen: Auch die Preisträgerin Mizuka Kano rechnete nie damit, als Siegerin aus dem Wettbewerb hervorzugehen: "Ich habe mich nach jeder Runde schlecht gefühlt", bekennt sie. Zumal es eine Herausforderung gewesen sei, den in der "Neuen Welt" aufgestellten Steinway-Flügel zu spielen. Eine allerdings, an der sie gewachsen sei, wie sie feststellt: "Wäre das Instrument leichter zu spielen gewesen, hätte vielleicht der Musik das gewisse Etwas gefehlt."

Mit Endspiel im Fußball nicht zu vergleichen

Das machten die Juroren bei ihr aus. "Wir hören alle dasselbe, aber jeder von uns legt auf andere Dinge Wert", so Jurychef Hellwig. Ohnehin sei dieses "Endspiel" in der Königsdisziplin, Klavier mit Orchester, nicht mit einem im Fußball zu vergleichen: "In unsere Wertung ist stets die gesamte Wettbewerbsleistung des Kandidaten eingeflossen" erklärt Juror Andrzej Jasinski aus dem polnischen Kattowitz.

Aber auch Glück spielt nach Ansicht von Anne-Theresa Albrecht, der 1. Preisträgerin im Fach Gesang, eine Rolle: "Es kommt immer darauf an, was die Jury sich wünscht", weiß die Kemptenerin, die ebenfalls von einer Herausforderung berichtet: Die "trockene", also sehr resonanzarme Akustik im Gewandhaustheater, wo die ersten beiden Wertungsrunden für Sängerinnen und Sänger stattgefunden hatten, habe das Singen nicht gerade einfach gemacht.

Ganz nach Wunsch war dafür die freundliche Aufnahme durch das Publikum: "Es war schön, dass uns viele Menschen zugehört haben. Da fühlt man sich eher als Musiker denn als Wettbewerbsteilnehmer", sagt die Sopranistin. "Man ist so auch viel motivierter, als wenn man nur vor einer Jury spielt", pflichtet ihr Mizuka Kano bei.

Die weiteren Preisträger
Gesang Damen: 2. Preis: Carolina Ullrich, 26, Sopran, Deutschland/Chile; 3. Preise: Julia Hainóczy, 31, Sopran, Ungarn; Sophie Harmsen, 29, Mezzosopran, Deutschland.

Gesang Herren: 1. Preis: nicht vergeben; 2. Preis: Christoph Pohl, 32, Bariton, Deutschland; Tomasz Wija, 26, Bassbariton, Polen; 3. Preis: Jesse Blumberg, 29, Bariton, USA.
Bester Liedbegleiter: Marcelo Amaral, Brasilien.