Joachim, Joseph (1831 - 1907)

Joseph Joachim im Alter von ca. 35 Jahren
[Abb. 1]

Joseph Joachim (1831 –1907) im Alter von ca. 35 Jahren
Der Musiker mit seinem Instrument
Foto, um 1865 Robert-Schumann-Haus Zwickau

Der am 28. Juni 1831 in Kittsee, Burgenland (Bezirk Neusiedl am See)* als Sohn des Ehepaares Julius und Fanny Joachim geborene Joseph Joachim, der schon als achtjähriges Wunderkind zum ersten Mal öffentlich als Geigenspieler aufgetreten ist, gehörte später als junger Mann zum engen Freundeskreis von Clara und Robert Schumann, die persönlich kennenzulernen er den noch um zwei Jahre jüngeren Johannes Brahms besonders ans Herz legte. Die tragischen Ereignisse um Robert Schumann, der am 27.Februar 1854 in den Rhein sprang und nach seiner Rettung die letzten Lebensjahre in einer Anstalt in Endenich verbrachte, in der er am 29. Juli 1856 verstarb, band die beiden jungen Männer - Joseph Joachim und Johannes Brahms - , die durch regelmäßige Besuche in der Endenicher Heilanstalt den persönlichen Kontakt mit Robert Schumann aufrechterhielten, zeit ihres Lebens eng an Clara Schumann.

Joseph Joachim organisierte 1906 die erste Schumann-Ausstellung – im Beethovenhaus, dessen Ehrenvorsitzender und Ehrenpräsident er war. Schon in der Gründungssitzung des Vereins „Beethoven-Haus“ am 24. Februar 1889 hatten die 12 Stifter, die sich zum Vorstand konstituiert hatten, beschlossen, Joachim in Anbetracht seiner Verdienste um Beethoven und die Unterstützung des Beethoven-Haus-Projekts anlässlich seines 50-jährigen Künstlerjubiläums am 1. März 1889 den Ehrenvorsitz des Vereins anzutragen und ihn zum Ehrenpräsidenten zu ernennen, außerdem ihn zu bitten, dem Verein den Namen zu geben, worauf es zur Namengebung „Beethoven-Haus“ kam. In dieser Funktion und als enger lebenslanger Freund von Clara und Robert Schumann sowie Clara Schumanns häufigster Konzertpartner kam es 1906 zur Robert-Ausstellung im Bonner Beethovenhaus. Die damals noch lebenden Schumann-Töchter Marie und Eugenie, die mit vielen Leihgaben diese Ausstellung ermöglichten und bereicherten, wollten ihre Sammlung nach Ende der Ausstellung der Stadt Bonn zukommen lassen, was aber leider daran scheiterte, dass man in Bonn keine Unterbringungsmöglichkeit zu finden glaubte. Die Sammlung ging später nach Zwickau und bildet den Grundstock der Sammlung des heutigen Robert-Schumann-Hauses. Joseph Joachim, seit 1906 Ehrenbürger der Stadt Bonn, stand 1906 auch bei der Feier zum 50. Todestag von Robert Schumann am Grabmal von Robert und Clara Schumann. Sowohl Clara, die ihren Mann um immerhin 40 Jahre überlebt hatte, als auch Joachims jüngerer Freund Brahms waren damals schon seit 9 bzw. 10 Jahren tot. Joachim überlebte die Gedenkfeier für Robert Schumann um ein Jahr und starb am 15. August 1907.

Seine Bonner Schumann-Ausstellung von 1906 bezeichneten die „Signale“ als Veranstaltung, mit der es Joachim gelungen sei, „seine Schumann-Auffassung, wie sie ihm unverblaßt in Erinnerung geblieben ist, dem ganzen Feste aufzudrücken“. 

(Signale für die Musikalische Welt 64, 1906, S. 696). 

Vita 

Joachims Familie zog zwei Jahre nach der Geburt Josephs am 28.6.1831 von Kittsee* nach Pest, wo ihr kleiner Sohn, dessen Talent an der Geige unübersehbar war, rasch gute Lehrer fand und seine musikalische Karriere begann. Der berühmte und an allen großen europäischen Musikstätten konzertierende Geigen-Virtuose, der 1850 von Franz Liszt als Konzertmeister nach Weimar geholt wurde, diese Funktion 1852 am Königlichen Hof von Hannover übernahm, wo er 1859 zum Konzertdirektor ernannt wurde, ging 1866 als Leiter der neugegründeten „Königlichen Lehranstalt für ausübende Tonkunst“ – Vorläufer der Musikhochschule, heute Universität der Künste – nach Berlin. Joachim zählt nicht nur zu den berühmtesten Geigern und Geigenpädagogen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, sondern machte sich auch als Komponist einen Namen. Zahlreiche Komponisten – unter ihnen seine Freunde Schumann und Brahms – widmeten ihm ihre Violinkonzerte.

Joseph Joachim heiratete im Juni 1863 gegen den Willen seiner Eltern die Sängerin Amalie Schneeweiß (1839 - 1899), von der er sich - unbezwingbar eifersüchtig - nach dem ungerechtfertigten Vorwurf des Ehebruchs (angeblich mit dem Verleger und Brahmsfreund Fritz Simrock) 1884 scheiden ließ. Aus der Ehe gingen 6 Kinder, drei Söhne und drei Töchter hervor. Brahms ergriff damals Partei für Amalie und Fritz Simrock, was die Freundschaft zu Joachim empfindlich trübte. Brahms schrieb 1880 an Amalie: "Ich will es Ihnen also nur ausdrücklich und deutlich sagen, wie ich es Joachim schon unzählig oft tat, dass er, meiner Einsicht und Meinung nach, Ihnen und Simrock schwerstes Unrecht getan und dass ich auch nur wünschen kann, er möge von seinen falschen und entsetzlichen Einbildungen lassen."

Zu Joseph Joachim und seiner Frau, der berühmten Sängerin Amalie Schneeweiß (1839-1899) vgl. die 2007 in 2. Auflage erschienene Doppelbiographie von Beatrix Borchard: Stimme und Geige.
Amalie und Joseph Joachim. Biographie und Interpretationsgeschichte, Wien: Böhlau, 2. Auflage 03/2007, 670 Seiten, Reihe: Wiener Veröffentlichungen zur Musikgeschichte,
ISBN: 978-3-205772422


* Zum Geburtsort von Joseph Joachim, wo dieser als siebtes von acht Kindern der Eheleute Julius und Fanny Joachim geb. Figdor geboren wurde, besonders zur jüdischen Gemeinde von Kittsee, die seit Beginn des 18. Jh. Zu den Fürstlich Esterhazyschen „Sieben Gemeinden“ zählte und 1821 ca. 789 Personen umfasste, bevor Abwanderungen nach Wieselburg, Pressburg und Wien die Zahl stark verringerte.

Vgl. die entsprechende Internetseite des Österreichischen Jüdischen Museums (ÖJM): http://www.ojm.at/gemeinden/kittsee/

Joseph Joachim
[Abb. 2]

Joseph Joachim (1831 –1907)
Foto von ca. 1869
Robert-Schumann-Haus Zwickau

Joseph Joachim
[Abb. 3]

Joseph Joachim (1831 –1907)
Radierung von Heinrich Reifferscheid, 1900
StadtMuseum Bonn

Amalie Joachim geb. Schneeweiß
[Abb. 4]

Amalie Joachim geb. Schneeweiß (1839-1899)
Abbildung: Archiv, Bibliothek und Sammlungen der Gesellschaft der Musikfreunde Wien