Hermann Levi (1839–1900)

Hermann Levi Reproduktion einer Abbildung nach einem Foto
Hermann Levi Reproduktion einer Abbildung nach einem Foto

Hermann Levi studierte in Mannheim und von 1855–1858 in Leipzig. Nach Reisen, die ihn u.a. nach Paris führten, nahm er eine Stellung als Musikdirektor in Saarbrücken an, bevor er 1861 nach Mannheim wechselte. Von 1862–1864 war er Chefdirigent der Deutschen Oper in Rotterdam und wirkte danach am Großherzoglichen Hoftheater in Karlsruhe. 1872 ging er als Generalmusikdirektor und Hofkapellmeister nach München. Aus gesundheitlichen Gründen zog er sich 1896 zurück. Er zählt zu den bedeutendsten Dirigenten des 19. Jahrhunderts.
In Bayreuth dirigierte er 1882 die Uraufführung des Parsifal, obwohl er sich weigerte, auf Wagners Forderung, zum Christentum überzutreten einzugehen. Auf König Ludwigs II. ausdrücklichen Wunsch behielt er die Leitung der Uraufführung. Nach Wagners Tod 1883 blieb er Cosima Wagners rechte Hand. Er machte sich aber auch um Mozart, Brahms und Schumann verdient. Beispielsweise führte er den Mozart-Opernzyklus ins deutsche Opernrepertoire ein und übersetzte selbst das Libretto Lorenzo da Pontes von Le Nozze di Figaro.

Clara Schumann lernte ihn im Sommer 1863 in Baden-Baden kennen und schätzte ihn sehr. Sie spielte mehrfach unter seiner Leitung in Karlsruhe und München, u. a. auch Schumanns Klavierkonzert. Levi verehrte in ihr die mütterliche Freundin. In den Jahren, in denen Clara Schumann die Sommer in ihrem Häuschen in Lichtenthal bei Baden-Baden verbrachte, ging sie mit ihren Kindern oft in Karlsruhe ins Theater, und Levi besuchte Clara Schumann, oft auch gemeinsam mit Brahms und dem Photographen Julius Allgeyer. Der Dirigent kümmerte sich rührend um Ludwig Schumann, besorgte ihm im Oktober 1865 in Karlsruhe eine Lehrstelle in der Braunschen Buchhandlung und wollte ihn sogar bei sich aufnehmen.

1868 studierte er in Karlsruhe Schumanns Genoveva ein, und Clara, die zur Aufführung anreiste, fand diese „außerordentlich schön“. In München führte Levi 1873 mit großem Erfolg den Manfred mit Ernst von Possart in der Titelrolle auf. Eugenie Schumann beschreibt ihn als sehr lebhaft und feurig sowie als sehr guten Dirigenten, der seine Musiker begeistern konnte.

Mit den Jahren hatte sich eine von großer beiderseitiger Wertschätzung getragene Künstlerfreundschaft entwickelt, doch Levis zunehmender Enthusiasmus für Richard Wagner führte später eine allmähliche Entfremdung zu Clara Schumann herbei, auch wenn der Kontakt bestehen blieb und Clara Schumann Levi sogar ihr Beileid zu Wagners Tod aussprach. Nachdem bereits Levi bereits 1886 von einer Kluft zwischen ihnen geschrieben hatte, Clara jedoch nichtsdestotrotz in Erinnerung an frühere Zeiten in Liebe und Verehrung grüßte, stellte Clara ihrerseits 1890 nach einem überraschenden Besuch fest, ihr Inneres habe keine Fühlung mehr, zumal Levi sich nicht nach Brahms erkundigt hatte und auch dessen neuere Werke nicht kannte. Dennoch ließ sie die Freundschaft bis zu ihrem Tod nicht abbrechen.

(J.M.N.)


Vgl. zu Hermann Levi besonders: Frithjof Haas, Zwischen Brahms und Wagner, Zürich 1995