Bericht vom XVI. Internationalen Robert-Schumann-Wettbewerb für Klavier und Gesang in Zwickau

Zum 16. Mal fand vom 7. bis 17. Juni 2012 in Zwickau der Internationale Robert-Schumann-Wettbewerb für Klavier und Gesang statt. Veranstalter sind die Stadt Zwickau und die Robert-Schumann-Gesellschaft Zwickau e.V., den Vorsitz übernahm erstmals Dr. Thomas Synofzik von Dr. Gerd Nauhaus, seinem Vorgänger als Direktor des Robert-Schumann-Hauses, der dieses Amt lange Jahre innehatte.

Von den ca. 60 Teilnehmern im Fach Klavier und den über 90 im Fach Gesang (hier unterteilt in die Kategorie Damen und Herren), die sich der ersten Auswahlrunde (8.-11. Juni) stellten, erreichten nach Abschluss der zweiten Runde (12.-14. Juni) fünf Pianistinnen und Pianisten sowie insgesamt 11 Sängerinnen und Sänger (fünf Damen und sechs Herren) das Finale (15./16. Juni).

Die Endrunde in beiden Wettbewerbskategorien fand, wie auch die vorhergehenden Auswahlprüfungen der Pianisten, im Jugendstilsaal des Konzert- und Ballhauses „Neue Welt“ statt. Für die beiden ersten Gesangsrunden hingegen stand erstmalig der neue Konzertsaal im gerade komplett sanierten und umgebauten Robert-Schumann-Konservatorium zur Verfügung.

Einige der jungen Teilnehmer aus aller Welt vor dem Eingang des Schumannhauses
© Foto-Atelier LORENZ

Auffallend und beeindruckend zugleich war das hohe Niveau bei fast allen Teilnehmern, was der Jury ihre Arbeit nicht unbedingt leicht machte. Unter dem Vorsitz von Schumannpreisträger Jozef De Beenhouwer (Antwerpen) tagte die Klavierjury (Boris Bloch, Carsten Dürer, Konstanze Eickhorst, Klaus Hellwig, Yves Henry, Hamish Milne, Balázs Szokolay und Elisso Virsaladze), während die Jury in der Kategorie Gesang (Julia Hamari, Edith Mathis, Edda Moser, Thomas Moser, Michael Oehme, Peter Schreier und Mitsuko Shirai; Graham Johnson fiel krankheitshalber aus) von Josef Protschka (Köln) geleitet wurde.

 

Die Jury der Kategorie Klavier im Grünen, v.l.n.r.: Klaus Hellwig, Yves Henry, Konstanze Eickhorst, Balázs Szokolay, Jozef De Beenhouwer, Hamish Milne, Elisso Virsaladze, Boris Bloch, und Carsten Dürer
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Die Juroren in der Kategorie Gesang vor dem Neubau des Konservatoriums, v.l.n.r.: Peter Schreier, Edith Mathis, Julia Hamari, Thomas Moser, Edda Moser, Michael Oehme, Mitsuko Shirai und Josef Protschka
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Fanden bereits die beiden Vorrunden unter aufmerksamer Anteilnahme des zahlreich erschienenen Publikums statt, so sorgten Spannung und Begeisterung der Zuhörer in den Endrunden am Freitag und Samstag für eine wunderbare Atmosphäre, die die verständliche Aufregung bei den jungen Finalisten zu mildern half. Während beim Klavierwettbewerb leider alle Finalisten auf Schumanns einziges Klavierkonzert a-moll op. 54 zurückgriffen (die beiden Konzertstücke für Klavier und Orchester op. 92 und op. 134 wären auch möglich gewesen), schöpften die Sängerinnen und Sänger aus der reichen Fülle der für die Finalrunde vorgegebenen Liederzyklen.

Als „Highlight“ erwies sich natürlich Schumanns Dichterliebe op. 48, aber mehrfach wurden auch seltener zu hörende Werke gewählt, wie beispielsweise Zwölf Gedichte von Justinus Kerner op. 35 oder die Fünf Lieder nach Andersen/Chamisso op. 40. Weder die Möglichkeit des direkten Vergleichs dort, wo die Finalisten das selbe Werk auswählten, noch das Erleben gänzlich unterschiedlicher Interpretationen erleichterten den Juroren ihre Bewertung.

In ihre letzte Entscheidung mussten auch die Benotungen aus den Vorrunden einfließen. Nicht immer stimmte die Meinung der Jury mit der des Publikums überein, was besonders auffiel, da dieses Jahr zum ersten Mal vom Sender MDR FIGARO ein Publikumspreis ausgesetzt wurde: Das Publikum konnte seinen Lieblingskünstler in den Fächern Klavier und Gesang küren. Die Gewinner erhielten eine professionelle CD-Produktion beim MDR-Kulturradio, die für den nachfolgenden Montag festgelegt war.

Eindeutig war die Wahl der Zuhörer bei den Sängern, während im Fach Klavier die Meinungen auseinander gingen. So stieg die Spannung am Samstag bis zur Bekanntgabe der Preisträger am späten Abend ins Unermessliche.

Kandidaten und Besucher der Finalrunden fiebern zu später Stunde am 16. Juni den Jury-Ergebnissen entgegen, die der Wettbewerbsvorsitzende Dr. Thomas Synofzik (ganz rechts vorne) schon zur Verlesung bereit auf seinem Zettel stehen hat
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Dennoch empfanden schließlich alle Beteiligten, manch ein etwas enttäuschter Künstler vielleicht ausgenommen, die Entscheidungen als gelungen, was nicht zuletzt das traditionelle Preisträgerkonzert am Sonntag, dem 17. Juni zu einer echten Delikatesse werden ließ.

Im wunderbaren Ambiente des Jugendstilsaals der „Neuen Welt“ erlebte das begeisterte Publikum großartige Darbietungen in bunter Vielfalt. Moderiert wurde das live von MDR FIGARO übertragene Konzert von Bettina Volksdorf, die auf der Bühne auch einige informative (mit Thomas Synofzik) und launige (mit Edda Moser, die sich dazu bekannte, lieber mit männlichen Gesangsstudenten zu arbeiten) Interviews führte.

 

Preisträgerkonzert am 17. Juni in der „Neuen Welt“
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Die 28-jährige Australierin Simone Easthope teilte sich den 3. Preis in der Kategorie Gesang Damen mit der drei Jahre jüngeren Annika Boos aus Wuppertal. Beide Sopranistinnen eröffneten das Konzert mit ergreifenden Interpretationen von Liedern Clara und Robert Schumanns.

Geradezu frenetischen Beifall gab es für die jüngste Teilnehmerin, die knapp 21-jährige anmutige Sopranistin Fatma Said aus Ägypten, die beim Wettbewerb den zweiten Platz erreicht hatte. Mit drei Schumann-Liedern bezauberte sie mit ihrer erstaunlich ausgereiften Stimme die Zuhörer.

Die Goldmedaille erhielt die 22-jährige Anna Lucia Richter aus Bergisch-Gladbach, die mit einer gesangs- wie bühnentechnisch reifen Darbietung einer Liedauswahl aus Schumanns Eichendorff-Liederkreis op. 39 überzeugte.

Preisträger und andere Mitwirkende beim Preisträgerkonzert am 17. Juni 2012 in der „Neuen Welt“ nehmen den Jubel der Konzertbesucher entgegen. Wie immer besonders strahlend als vierter von links der Sieger im Wettbewerb Gesang und Publikumsfavorit, der junge Schweizer Tenor Mauro Peter.
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Während die Bronzemedaille im Fach Gesang Männer nicht vergeben wurde, teilten sich die beiden aus Deutschland stammenden Baritone Georg Gädker (31 Jahre) und der ehemalige Dresdner Kruzianer Sebastian Wartig (22 Jahre) den 2. Preis und beeindruckten mit Liedern und Balladen von Schumann.

Jubelnden Beifall erhielt der 25-jährige Tenor Mauro Peter aus Luzern, der den ersten Platz in der Kategorie Gesang erzielte mit seiner fesselnden Interpretation einer Auswahl aus Schumanns Dichterliebe. Dem strahlenden Sieger flogen die Herzen der Zuhörer zu, er hatte nicht nur den Wettbewerb gewonnen, sondern war auch Gewinner des MDR-Publikumspreises Gesang. Den Sonderpreis für die beste Liedbegleitung erhielt Melanie Inés Kluge (Deutschland / Argentinien), die mit dem Diplomanden Andreas Beinhauer aus Aalen auftrat.

Der 19-jährige Luca Buratto errang den 3. Platz im Klavierwettbewerb. Brillant und technisch versiert trug er die 3. Etude g-moll nach einer Caprice von Paganini aus Schumanns Sammlung op. 10 vor. Mit seiner ziemlich rasanten Interpretation von Schumanns Klavierkonzert hatte der junge Italiener in der Endrunde die Zuhörer so begeistert, dass ihm der MDR-Publikumspreis Klavier zufiel.

Die Silbermedaille erhielt Florian Noack aus Belgien. Der 22-jährige zog das Publikum mit seiner ebenso virtuosen wie gefühlvollen Spielweise der Variationen über ein Thema von Clara Wieck aus Schumanns Klaviersonate f-moll op. 14 in seinen Bann.

Zum Abschluss des Abends spielte der 1. Preisträger Aljoša Jurinić aus Kroatien noch einmal den Solopart im Klavierkonzert a-moll op. 54 von Robert Schumann, in der Finalrunde wie beim Preisträgerkonzert begleitet vom Philharmonischen Orchester Plauen-Zwickau unter Lutz de Veer, dass das Konzert mit der Ouvertüre E-Dur aus op. 52 eröffnet hatte. Der 23-jährige Pianist zeigte sich spürbar gelöst und befreit vom Wettbewerbsdruck der vergangenen zehn Tage, so dass sein Spiel noch schwungvoller und kräftiger als am Vorabend ausfiel.

Ehrung der Preisträger am Nachmittag des 17. Juni im Robert-Schumann-Haus, v.l.n.r.: Dr. Pia Findeiß, Oberbürger- meisterin der Stadt Zwickau, Anna Lucia Richter (Siegerin Gesang Damen), Mauro Peter (Sieger Gesang Herren und Gewinner des MDR-Publikumspreises Gesang), Aljoša Jurinić (1. Preisträger Klavier), Luca Buratto (3. Preis Klavier und Gewinner des MDR-Publikumspreises Klavier) und Dr. Thomas Synofzik, Direktor des Robert- Schumann-Hauses und Vorsitzender des Wettbewerbs. 
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Die drei Preisträger in der Kategorie Klavier, v.l.n.r.: Luca Buratto, Italien (3. Preis), Florian Noack, Belgien (2. Preis) und der Sieger Aljoša Jurinić aus Kroatien
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Mit Freude nehmen Mauro Peter, der Sieger des Wettbewerbs in der Kategorie Gesang Männer, und Luca Buratto, Drittplatzierter in der Kategorie Klavier, am 17. Juni die Publikumspreise von Angela Kaiser, Musikchefin von MDR Figaro, entgegen.
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Am Nachmittag vor dem festlichen Abschlusskonzert waren sämtliche Finalisten im Robert-Schumann-Haus für ihre Leistungen mit den errungenen Preisen und Diplomen geehrt worden. Nach einer kurzen Ansprache des Wettbewerbsvorsitzenden Dr. Thomas Synofzik nahmen die Preisträger dankbar und voller Freude die Glückwünsche und Auszeichnungen entgegen. Überreicht wurden sie u.a. von der Oberbürgermeisterin Dr. Pia Findeiß, den Juryvorsitzenden und dem Vorsitzenden der Robert-Schumann-Gesellschaft, Dr. Gerd Nauhaus.

Einen kurzen Auftritt hatten auch die Musikchefin von MDR FIGARO, Angela Kaiser, mit der Verleihung der erstmals 2012 vom Sender gestifteten Publikumspreise an Mauro Peter und Luca Buratto, jeweils verbunden mit einer professionellen Aufnahme, die bereits am darauffolgenden Montag im mobilen Aufnahmestudio von MDR Figaro erfolgte, und Dr. Ingrid Bodsch mit einem Grußwort seitens des Schumann-Netzwerks und im Auftrag des Schumannfests Bonn mit der Einladung der Wettbewerbssieger zu drei Konzertengagements bei den nächsten Bonner Schumannfesten.*

Mauro Peter und seine Begleiterin am Klavier, So-Jin Michaela Kim, hören im mobilen Aufnahmstudio von MDR Figaro am Montag, 18.6.2012, die ersten Tonaufnahmen ab.
© MDR/Nico Häntzschel, © 2012 Mitteldeutscher Rundfunk

Juroren und Ehrengäste auf Einladung der Oberbürgermeisterin Dr. Pia Findeiß und der Stadt Zwickau am Sonntag Vormittag (17. Juni) im wunderschön restaurierten Zwickauer Rathaus
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Zuvor waren Sonntag Vormittag Juroren und Ehrengäste der freundlichen Einladung von Oberbürgermeisterin Dr. Pia Findeiß zu einem Empfang ins Rathaus gefolgt. Bürgermeister Bernd Meyer zeigte und erläuterte anschließend den interessierten Gästen das im vergangenen Jahr aufwendig sanierte und erweiterte Gebäude. Vor dem gemeinsamen Mittagessen erfolgte mit Kulturamtsleiter Dr. Michael Löffler eine geführte Besichtigung des stadtgeschichtlichen Museums „Priesterhäuser“.

Gut 10 Tage vorher gab es im Eröffnungskonzert zum Schumannwettbewerb 2012 am Vorabend von Robert Schumanns 202. Geburtstag, dem 7. Juni, ebenfalls im Konzertsaal „Neue Welt“, eine großartige und viel bejubelte Aufführung von Schumanns Das Paradies und die Peri mit dem Sächsischen Vocalensemble Dresden (auch Mitglied im Schumann-Netzwerk) und der Elbland-Philharmonie unter Leitung von Mathias Jung. Das war zugleich eine Wiederbegegnung mit zwei früheren Wettbewerbssiegern: mit Anne Theresa Møller geb. Albrecht (Mezzosopran), 2008 Gewinnerin in der Kategorie Gesang Damen, und Henryk Böhm (Bariton), der 1996, im Jahr von Clara Schumanns 100. Todestag, den Wettbewerb in der Kategorie Gesang Herren gewonnen hatte. Gemeinsam mit den übrigen Solisten Eva Kirchner und Barbara Christina Steude (Sopran) sowie Max Ciolek und Albrecht Sack (Tenor) verhalfen sie dem schönen Werk zum verdienten Erfolg.

Aufführung von Robert Schumanns Das Paradies und die Peri als Eröffnungskonzert des Internationalen Schumann-Wettbewerbs 2012 am Abend des 7. Juni 2012 im Konzertsaal „Neue Welt“. Als Solisten dabei eine Gewinnerin und ein Gewinner früherer Schumann-Wettbewerbe: Anne Theresa Møller geb. Albrecht (Dame im türkisen Kleid) und links vorne Henryk Böhm
© Foto-Atelier LORENZ

 

Bericht von Irmgard Knechtges-Obrecht mit Ergänzungen von Ingrid Bodsch, Sommer 2012

 

* Der Wettbewerbsgewinner in der Kategorie Gesang Herren und gleichzeitig Publikumspreisgewinner Gesang, der Schweizer Tenor Mauro Peter, ist beim diesjährigen Bonner Schumannfest am 10. November 2012 zusammen mit So-Jin Michaela Kim am Klavier mit einem reinen Schumann-Programm, darunter dem Gesamtzyklus von Schumanns Dichterliebe vor begeisterten und glücklichen Publikum aufgetreten. Seit November 2012 gehört Mauro Peter zum Schumann-Forum, dem „board of artists” des Schumann-Netzwerks.